Der ERP gibt einen (zum Teil verbindlichen) Rahmen für die Bauleitplanung, die konkreter gestaltet wird im „Flächennutzungsplan“ (FNP) des „Nachbarschaftsverbands Heidelberg-Mannheim“. Bezüglich des FNP kam es Ende 2019 im Gemeinderat zu einem Beschluss, der zum Ruhen des FNP-Verfahrens für Dossenheim und zur Prüfung von Alternativen zum Augustenbühl führte.
Aktuell geht es für Dossenheim nur darum, dass die übergeordneten Pläne (ERP und FNP) uns diese Alternativen belassen und wir – basierend auf externen Prüfungen und entsprechenden Bürgerbeteiligungen – uns im Gemeinderat und bewusst für ein Szenario entscheiden können.
Aufgrund der Wichtigkeit des Themas Bauleitplanung und in Vorbereitung der Bürgerbeteiligung wollen wir hier einige Fakten und Trends herausstellen.
Der Bedarf an Wohnraum im Planungsgebiet und für jede einzelne Gemeinde wird im ERP durch einfache Formeln berechnet. Die wichtigste Annahme ist dabei, dass der Bedarf an Wohnraum in Gemeinden wie Dossenheim konstant über die Zeit mit einer Rate von 1,8 % auf 5 Jahre wachse. Seit der Pandemie ist der Begriff des „exponentiellen Wachstums“ weithin bekannt und klar, dass man bei solchen Dingen genauer hingucken muss: Heruntergebrochen für Dossenheim bedeutet dieses Wachstum bis 2050 eine zusätzliche Flächenversiegelung von ca. 30 ha – das ist in etwa dreimal die Fläche des Augustenbühls.
Wir müssen davon ausgehen, dass auch den Verantwortlichen in der Verbandsversammlung und im Nachbarschaftsverband klar ist, dass dieses Wachstum viel zu hoch gegriffen ist. Auch über Dossenheim hinaus betrachtet gehen diese Planzahlen deutlich über die ausgewiesenen Wohnbaureserven des FNP hinaus.
Wir erleben eine Phase, in der einerseits relativ viel gebaut wird und trotzdem die Preise für Wohnraum explodieren und bedarfsgerechter Wohnraum knapp ist. Dieses Problem lässt sich nicht durch eine unbegrenzte Flächenversiegelung lösen, sondern muss methodisch angegangen werden. Wohnraum ist kein nachwachsendes und leicht verfügbares Gut, das sich durch freien Handel ausgewogen verteilen ließe. Vielmehr ist Wohnraum ein natürlicherweise stark begrenztes Gut welches sich un-natürlicherweise in der Hand einiger Weniger befindet. Hier müssen politische Regeln und Maßnahmen angreifen.
Wie begrenzt die uns zur Verfügeng stehende Fläche ist, wird durch folgende Zahlen deutlich: In Dossenheim entfallen nur etwa 6 % der Fläche nicht auf Siedlung, Verkehr, Landwirtschaft und Wald – im Landesdurchschnitt in Baden-Württemberg sind es sogar weniger als die Hälfte davon, nur etwa 2,4 % (Siedlung & Verkehr: 15,5 %, Landwirtschaft: 45%, Wald: 38%).
Diese sonstigen Flächen werden als „Offenland“ bezeichnet und sind in der Regel struktur- und artenreich. Das sind zum Beispiel extensiv bewirtschaftete Gärten und Streuobstwiesen, wie wir sie aus den Flächen im Norden nach Schriesheim und im Süden nach Heidelberg kennen – und als Erholungsgebiete schätzen.
Das bedeutet: wir besitzen in Dossenheim an den nördlichen und südlichen Ortsrändern ökologisch sehr wertvolle Flächen, die insgesamt extrem selten sind und in den nächsten Jahren komplett zu verschwinden drohen. Noch einmal: der Augustenbühl ist ein Beispiel für eine Art von Landschaft, die nur 2,4 % des Landes ausmacht!
Darüber hinaus soll hier nur angedeutet werden, dass wir auf Bundesebene gerade unser Ziel beim Flächenschutz um einen Faktor zwei verfehlen und dass auf Landesebene sogar das Ziel formuliert wurde, den Flächenverbrauch effektiv auf null zu bringen.
Es ist beim Flächenverbrauch und dem Artensterben ähnlich wie bei der CO2-Emission und dem Klimawandel: Wir müssen einsehen, dass wir nur bestimmte Budgets haben und dass frühere Generationen dieses bereits fast aufgebraucht haben. Zum Schutz der kommenden Generationen – zum Erhalt ihrer Freiheit – müssen wir sowohl die CO2-Emissionen als auch den Flächenverbrauch stoppen!
Was können wir nun tun? Jede von uns kann sich einbringen, sei es bei Bürgerbeteiligungen oder bei Diskussionen in Nachbarschaften, Vereinen oder politischen Gremien. Wohnen und Verkehr sind Themen, die im Wesentlichen kommunal entschieden werden. Es liegt an uns!
Hergen Schultze